Schweden zählt zu einem der innovativsten Länder weltweit. Genau genommen ist es laut “Global Innovation Index 2021” das Land mit dem zweithöchsten Rang unter den innovativsten Volkswirtschaften. Natürlich gilt diese “Vorreiterstellung” auch in Bezug auf die Verbreitung und Entwicklung der Elektromobilität in diesem skandinavischen Land. Schweden hat im Vergleich zu Deutschland eine deutlich höhere Quote an E-Autos pro Einwohner und auch die Ladeinfrastruktur des Landes ist weiter vorangeschritten als bei uns. Konkret bedeutet das: weniger E-Autos pro Ladestation. Warum das so ist, erfahren Sie in diesem Artikel.
Warum ist die Elektromobilität in Schweden so weit entwickelt?
Obwohl das kleine Land nur ca. 10 Millionen Einwohner hat, steht es vor allem in der digitalen Wirtschaft den anderen Ländern Europas in nichts nach. Im Gegenteil: Einige der erfolgreichsten digitalen Startups wie Skype, Klarna, oder Spotify stammen aus Schweden. Aber auch im Hinblick auf die Elektromobilität hat das Land die Nase vorn:
Auf jeweils 1000 schwedische Einwohner kommen, statistisch gesehen, über 20 Elektroautos. Das bedeutet, dass einer von 50 Menschen in Schweden bereits ein Elektroauto besitzt! Im Vergleich dazu sind es in Deutschland 8,5 Elektroautos pro 1000 Einwohner, im gesamteuropäischen Durchschnitt sogar nur 6,1! Außerdem hat Schweden eine besser entwickelte Ladeinfrastruktur als die Deutschen. Die Anzahl von E-Autos pro Ladestation ist dort prozentual nämlich deutlich niedriger.
Wie kann es sein, dass die länderspezifischen Unterschiede in Bezug auf die Elektromobilität selbst in benachbarten Ländern derart groß sind? Schweden grenzt zwar nicht direkt an Deutschland, ist jedoch, geografisch gesehen, auch nicht sehr weit von uns entfernt. Warum ist die Ladeinfrastruktur in dem kleinen Land so gut entwickelt, während man bei uns mitunter verzweifelt nach einer Ladestation sucht?
Einer der Gründe ist sicherlich Schwedens Glauben an den Nutzen fortschrittlicher Technologien. Und das macht auch Sinn: In dünn besiedelten Ländern, wie Schweden ist die Verwendung moderner Technologien unabdingbar, um weiter entfernte Menschen und Orte verbinden zu können. Während man in Deutschland viele Jahre lang eher skeptisch die Entwicklung des E-Autos beobachtete, haben die Schweden deren Bedeutung für den Klimaschutz und seine Folgen bereits erkannt und unternahmen schon viel früher die ersten Schritte, um die Elektromobilität im eigenen Land voranzutreiben. Die Gründe für das Vertrauen in neue Technologien treffen auch für die anderen skandinavischen Staaten zu. So hat Norwegen bereits seit dem Ende der 1990 er Jahre Anreize geschaffen, um die Elektromobilität im Land zu etablieren. Auch hier erkannte man sehr früh die möglichen Vorteile der neuen Technologie, statt sich mit möglichen Nachteilen auseinander zu setzen.
Die Vorteile der Elektromobilität liegen spätestens heutzutage für alle auf der Hand: Die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen, die nur in begrenzten Mengen existieren, eine nachhaltige Energiequelle für höhere Mobilität und niedrigere CO2 Emissionswerte – in Skandinavien wurde dies wesentlich früher erkannt als hierzulande. Dementsprechend ist auch mehr unternommen worden, um sowohl Elektrofahrzeuge als auch die zugehörige Ladeinfrastruktur zu implementieren, und zwar in allen skandinavischen Ländern und so natürlich auch in Schweden.
Die Bedeutung der Ladeinfrastruktur für die Entwicklung der Elektromobilität in Schweden
Elektroautos allein reichen nicht aus, um eine gelungene Elektromobilität zu implementieren. Gerade in einem Land wie Schweden, mit großen Entfernungen zwischen den Städten und deren Bewohnern, braucht es auch eine gute Ladeinfrastruktur, damit die E-Autos, die bekannterweise bislang eine relativ geringe Reichweite besitzen, auf der Suche nach einer Ladestation nicht unterwegs stehen bleiben, weil ihnen der Strom ausgeht. Eine flächendeckende Ladeinfrastruktur ist dadurch gekennzeichnet, dass sich eine Ladestation in erreichbarer Nähe befindet, egal wo man gerade mit dem E-Auto unterwegs ist.
Dies hat auch Schweden bereits früh verstanden und bei der Planung berücksichtigt. Getreu dem Motto “Infrastructure first” förderte die schwedische Regierung nicht nur den Kauf von Elektroautos durch die Bürger, sondern parallel auch den flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur sowohl im öffentlichen, als auch im halb-öffentlichen oder privaten Bereich. Besonders für den letzteren schien ein Ausbau besonders sinnvoll, da die Autos während ihrer langen Stehperioden an der heimischen Ladestation einfach und bequem aufgeladen werden können.
So wie es aussieht, hat Schweden mit seiner Strategie auch Erfolg:
Im Vergleich zu Deutschlands mittlerweile 44.538 Ladepunkten kann Schweden zwar nur 10.370 vorweisen, aber die Zahlen täuschen. Wenn man diese nämlich im Verhältnis zu den Elektroautos im Land betrachtet, so kommen in Deutschland aktuell auf eine Ladestation ganze 1.014 E-Autos. In Schweden hingegen sind es nur 253 pro Ladestation.
Das bedeutet, dass die Ladeinfrastruktur in Schweden besser ist, auch wenn es hier ebenfalls wie auch in den anderen Ländern bislang noch nicht gelungen ist, die Ladeinfrastruktur derart auszubauen, dass eine Ladestation immer verfügbar und erreichbar ist. Vergleicht man wiederum die Anzahl der Ladepunkte mit der Anzahl der Elektroautos, die tatsächlich auf den Straßen unterwegs sind, so schneidet Deutschland mit 7,5 E-Autos pro Ladestation gegenüber Schweden mit 6,2 E-Autos pro Ladestation gar nicht so schlecht ab.
Wer ist verantwortlich für die Entwicklung der Elektromobilität in Schweden?
Für eine Kaufentscheidung ist es entscheidend, den Sinn und Nutzen des Kaufs zu verstehen. Aktuell sind viele Menschen nach wie vor nicht bereit, ihr Kaufverhalten zu ändern, und bevorzugen bei der Fahrzeugwahl traditionelle Modelle mit fossilem Antrieb. Um diese Muster zu verändern, muss eine entsprechende Aufklärung in der Bevölkerung stattfinden, so dass die Menschen die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der Elektromobilität erkennen und dies auch für sich nutzen wollen. Dies wiederum setzt eine klare Kommunikation seitens der Landesführung voraus, die von der Mehrheit der Bevölkerung rezipiert wird, so dass die Entscheidungen der Politik von dieser mitgetragen werden.
Die schwedische Regierung machte von Anfang an sehr deutlich, dass eine Energiewende im Land angestrebt und auch erreicht werden soll. Dadurch konnte auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur relativ schnell und unkompliziert auch in viele Bereiche des öffentlichen Lebens Einzug halten. Zum Beispiel konnte man in Schweden während der Online Buchung eines Hotels erkennen, wo sich eine nahegelegene Ladestation befindet. Eine weitere Maßnahme war die Kennzeichnung von Tanksäulen mit dem jeweiligen CO2 Wert, der sich durch die Nutzung des Brennstoffs als Emission ergibt.
Für eine komplette Energiewende reicht die Bereitschaft des Bürgers, auf Elektromobilität umzusteigen allein jedoch nicht aus. Die Wichtigkeit der Innovationsmaßnahmen und deren Bedeutung für die Wirtschaft und den Klimawandel muss auch von den Strukturen des Handels, der Automobilindustrie, der Unternehmer und Stromanbieter und vielen weiteren erkannt werden, damit eine flächendeckende Elektromobilität etabliert werden kann. Es ist demnach wichtig, gemeinschaftlich zu handeln, um eine bleibende Veränderung jeglicher Art zu bewirken. Auch hier hebt sich Schweden sowie auch die übrigen skandinavischen Staaten besonders hervor. Die Hilfsbereitschaft und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Schweden sind weithin bekannt und so konnte das Land auch hierbei wieder als innovatives Vorbild für andere europäische Länder dienen.
Fazit: Schweden – ein kleines Land macht große Schritte
Die Zahlen sprechen für sich: Wie bei so vielen innovativen Technologieformen hat Schweden auch bei der Elektromobilität die Nase vorn. Durch das frühzeitige Erkennen der Vorteile von E-Autos hat das skandinavische Land schon vor Jahren mit Hilfe von diversen Förderprogrammen und Öffentlichkeitsarbeit die Wahrnehmung für die Bedeutung der Elektromobilität im Land geschärft und konnte so relativ schnell und problemlos deren Entwicklung planen und umsetzen. Aktuell verfügen deutlich mehr Schweden über ein Elektroauto, als dies in Deutschland der Fall ist, allerdings nicht in Stückzahlen, sondern proportional zur Bevölkerungsdichte. Auch die Ladeinfrastruktur in Schweden ist bereits deutlich besser, als die in Deutschland. Prozentual haben mehr E-Autobesitzer Zugang zu einer Ladestation als bei uns.
Diese Entwicklungen sind durch die Weitsichtigkeit der schwedischen Regierung begründet, die mit ihrer Strategie “Infrastructure first” von Anfang an nicht nur die E-Autos selbst, sondern auch die Verfügbarkeit einer Ladestation für diese im Blick hatte. Unterstützt wurde die Landesführung dabei von den Bürgern, denen die geplante Umstellung auf Elektromobilität von Anfang an sehr klar kommuniziert wurde und auch von den anderen Akteuren, wie Handel, Industrie und vielen weiteren, deren Zusammenarbeit für das Erreichen eines so großen Ziels, wie der Klimaneutralität in einem Land unverzichtbar ist.
In Deutschland lief die Umstellung auf Elektromobilität aus mehreren Gründen nur schleppend an. Inzwischen ist aber auch die Bundesrepublik dabei, in Sachen Elektromobilität aufzuholen. Die Bedeutung einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur und dem Schaffen von Kaufanreizen für die Autobesitzer wurde auch hierzulande erkannt und diese Erkenntnisse werden nun Schritt für Schritt sowohl von Regierungsseiten als auch von privaten Unternehmern, Stromanbietern und Autoherstellern umgesetzt. Es bleibt abzuwarten, ob Deutschland irgendwann auf diesem Weg mit Schweden gleichzieht, oder das Land sogar in der E-Auto Quote oder in Bezug auf die Ladeinfrastruktur überholt oder ob Schweden auch in Zukunft der Vorreiter bei den innovativen Technologien wie der Elektromobilität bleiben wird.